„Trauer braucht ihren Platz im Alltag wie Liebe und Wut“

News Image
Am 7. November lud die Nachbarschaftshilfe Durbach-Ebersweier e.V. Mitglieder und Gäste in den Saal des Pfarrzentrums Kunigunde ein. Monika Lubitz vom Hospizverein Offenburg vermittelte Wissenswertes über Unsicherheiten, Ängste und Hindernisse im Umgang mit Trauer. Dazu beantwortete sie zahlreiche Fragen aus dem Publikum.

„Trauer ist nicht auf den November beschränkt,“ sagte der Vorsitzende Manfred Musger zu Beginn des aufschlussreichen Abends. Jeder Mensch sei in verschiedenen Alltagssituationen herausgefordert sich mit Abschieden und persönlichen Krisen auseinanderzusetzen. Entsprechend groß war die Aufmerksamkeit bei den rund 20 Zuhörerinnen. Musger war der einzige teilnehmende Mann im Raum.
Monika Lubitz wusste um die die Scheu mancher Trauernden sich zu ihren Empfindungen zu bekennen. Deshalb verteilte sie eine entsprechende Broschüre. Diese könne „daheim auf dem Tisch liegen, dass man(n) so nebenbei reinschauen kann.“ Bevor die Leiterin des ambulanten Hospizdiensts Offenburg ausführlich über verschiedene Sichtweisen und Abläufe hinsichtlich erlebter Trauer referierte verteilte sie Notizkärtchen für anonym gestellte Fragen. Allerdings gelang es der Referentin mühelos eine vertrauensvolle Stimmung zu schaffen, sodass Fragen ohne Umschweife geäußert wurden.

Zunächst berichtete Frau Lubitz über „Stopp-Signale der Seele“, die sich während verschiedener Trauerphasen zum Beispiel in Schwindel, Schlaflosigkeit, Schmerzen oder vielen anderen körperlichen Beschwerden zeigen. „Während sich Gezeiten der Natur (Jahreszeiten, Ebbe und Flut, Mondphasen) regelmäßig in einem bestimmten Ablauf vollziehen, sind Veränderungen in Trauerzeiten nicht vorhersehbar,“ erklärte die zertifizierte Trauerbegleiterin. Das mache den Umgang damit schwierig.

„Der Schock durch Abschied und Tod kann einen Energieschub auslösen oder eine Art von innerer Lähmung.“ Für Betroffene teile sich das Leben in eine Zeit VOR dem Verlust und eine Zeit DANACH. Die innere Mitte sowie Orientierung und Halt in der Gegenwart zu finden nannte sie als schwierigste Aufgabe des Zurückbleibenden. „Die erste Zeit nach dem Tod ist besonders wichtig!“ gab Lubitz zu bedenken. Zeichen der Verbundenheit und des Mitgefühls seien in dieser Phase tröstlich, sagte die gelernte Krankenschwester: „Eine handgeschriebene Karte oder eine Blume vor der Haustür wirkt unter Umständen stärkender als Worte.“

Wer auf Trauernde zugeht sollte seine eigene Lebensgeschichte in den Hintergrund stellen und sich ernsthaft fragen: Halte ich es aus zuzuhören und zu schweigen? Wer unangenehme Situationen und Stimmungen mit dem Trauernden erträgt, der ist für ihn der beste Beistand. Die Frage „Wie geht’s Dir jetzt?“ hilft sich im Hier und Jetzt zu verankern.
Sinnbildhafte Handlungen wirken aus sich heraus wenn Worte fehlen: Ein Licht anzünden, einen wohlriechenden Duft verströmen (Bergamotte, Lavendel, Rose) ein Klangspiel mitbringen (Fingerklavier/Windspiel) oder einen Engel aufstellen. Im Sehen, Hören , Riechen, Schmecken entdecken Trauernde wohltuende Lebendigkeit.

An einigen Beispielen zeigte die Referentin auf, wie ermutigend Begleitung wirkt, wenn Trauernde all ihre Gefühle ausdrücken dürfen. Wut, Aggression, Verzweiflung, Schuld, Scham oder tief empfundene Liebe.

Zwar nehmen Begleitende nichts von all dem Schweren ab. Aber wenn es ihnen gelingt geduldig und ruhig zur Seite zu stehen helfen sie dem trauernden Menschen sich neu auf- und auszurichten. Wichtig ist in dieser Hinsicht, eventuelle Zurückweisungen und schroffe Verhaltensweisen nicht persönlich zu nehmen.
Trauer hat keine feste Zeitdauer. Sie erstreckt sich über Jahre oder nur kurze Zeit.
Die Empfindung einer alten alleinstehenden Dame beim Verlust ihres geliebten Haustiers ist unter Umständen ebenso stark wie der seelische Schmerz eines Menschen, der beim Abschied um eine nahestehende Person weint.
„Wenn wir meinen das Leid sei überwunden, bricht die Trauer um einen schweren Verlust in manchen Situationen sogar nach vielen Jahren unerwartet auf,“ erklärte die Hospizfachfrau: „Solch eine „alte Trauer“, darf man nicht unterschätzen!“

Ihre Schilderungen aus dem Alltag des ambulanten Hospizdiensts machten deutlich: Es gibt keinen Standard in der Begleitung! Als wichtigste Voraussetzung für wohltuende Sterbe- und Trauerbegleitung nannte sie die innere Stabilität der unterstützenden Person. Außerdem brauche jeder schmerzerfüllte Mensch die Freiheit so zu trauern wie ihm zumute ist.
Für Trauernde bleibt die Welt stehen! Schon kleine Schritte (nach draußen gehen, eine Blume pflücken, sich eine Suppe kochen) öffnen das Herz für notwendige Veränderung.
Als Gedankenstütze erhielten die Zuhörenden Info-Blätter und einen kleinen Leuchtstern als Zeichen der Hoffnung. Der gut ausgestattete Büchertisch gab Anregungen zur persönlichen Vertiefung ins Thema Trauer. Mit einem indianischen Gebet beendete Frau Lubitz ihren Vortrag. Abschließend ermutigte sie Betroffene, sich im Bedarfsfall an den Hospizverein zu wenden. Manfred Musger dankte der Leiterin des ambulanten Hospizdiensts im Namen der Zuhörerschaft für ihre Ausführungen und wünschte „weiterhin viel Kraft für ihre segensreiche Arbeit!“


Kontakt: Hospizverein Offenburg e.V.
Asternweg 11, 77656 Offenburg,
Telefon 0781 99 05 73 -0
buero@ hospiz-offenburg.de
Spendenkonto Volksbank Offenburg
DE20 6649 0000 0071 8932 00
Zurück